Predigt zum 2. Advent (09. Dezember 2018)

Brennende Wälder, überflutete Städte, versinkende Inseln, vertrocknetes Ackerland, Menschen auf der Flucht vor dem Klimawandel. Aber wohin denn? Die Zerstörung unserer Lebenswelt ist global. Die politischen Parteien unfähig radikal genug zu denken und zu handeln.

Und wo es unliebsame Entscheidungen gibt wie z.B. in Frankreich mit der Höherbesteuerung des Benzins, weigern sich die mündigen Bürger, den Klimaschutz mitzutragen. Ermutigt durch rechtsnationale Parolen meinen immer mehr Bürger Europas, ihre aus Angst erwachsenen Aggressionen hätten ihre Berechtigung. AFD und ihre europäischen Partnerparteien am rechten Rand ernähren sich und wachsen wie ein Geschwür durch die Angst.

Allein das ist ihre Nahrung, und jene schüren sie deshalb auch permanent. Die Volksverhetzer stärken und ermutigen nicht, sondern sie spalten und greifen eben jene Werte an, die einzig in der Lage wären, Rettung zu bringen. Hinein in diese Zeit spricht Jesaja zu uns sein Wort gültig wie vor 2700 Jahren: stärkt die müden Hände und macht fest die wankenden Knie!

Sagt den verzagten Herzen: Seid getrost, fürchtet euch nicht!

Zunächst erscheint diese Botschaft angesichts der Lage unserer Welt wie eine fromme Floskel. Unsere Furcht ist ja begründet. Die Bedrohung hat ja auch kosmische Dimensionen, genau wie es der Evangeliumstext beschreibt. Warum sollte mir da nicht Angst und Bange sein?

Liebe Schwestern und Brüder,

weil ebenso aus dem Kosmos Rettung naht. Da ist euer Gott! Er ist noch immer da!: wirkmächtig in der unendlichen Schöpfungsenergie, dem Strömungsfeld alles Kreativen, die Bedingung all unserer Phantasien, der Ursprung und Endpunkt dessen, was uns Grenzen denken lässt.

Er kommt wieder in unsere Zeit. Uns darauf einzulassen und vorzubereiten dazu dient die Ankunftszeit – lateinisch Advent. Und ja, Jesaja hat Recht: es wird sich rächen, dass wir die Augen verschließen vor dem Elend der Menschen, es wird sich rächen, dass wir taub sind für die ächzende Natur, es wird sich rächen, dass wir lahmarschig auf die Industrie rücksichtnehmend nichts bewegen, es wird sich rächen, dass wir nicht unseren Mund auftun und laut Eintreten für die Gerechtigkeit. Und unsere Enkelkinder werden uns fragen, so wie wir unsere Großeltern fragten: habt ihr denn nichts gewusst?

Wir warten und vertrauen darauf, dass der Allbeweger kommen wird. Er wird sich seinen Weg bahnen in diese Welt. Was vertrocknet ist wird neu zu blühen beginnen und Gewalt wird dem Frieden weichen. Woher nehme ich diese Zuversicht?

Liebe Johanna,

weil es dich gibt. Eines Deiner feinen Härchen birgt deinen gesamten genetischen Code. Als wenn das nicht schon Wunder genug wäre: du bist so unendlich viel mehr als ein zufälliges Produkt von Ei und Samenzelle. Deine staunenden Augen werden sich ein eigenes Bild der Welt machen, Phantasien entwickeln, Traumbilder malen und Lebensfacetten entdecken hinaus in alle Himmel und bunter als Fenster von Kathedralen. Deine tastenden Hände werden lernen das zu ergreifen, wonach du dich sehnst und nicht, was andere dir vormachen. Du bist ein eigener unendlicher Kosmos. Du bist der Beweis, dass es Gott gibt, weil so unendlich wie deine Möglichkeiten sind, du ein Abbild seiner bist, er, den wir nie erfassen können, der aber gerade deswegen, weil er damit unserem Denken eine Grenze aufzeigt, eine Realität hinter der Grenze ist.

Du bist am 1. April geboren, aber du bist kein Scherz. Das Wunder, dass sich in dir verbirgt, vermag uns den Glauben zu schenken, dass wenn so jemand wie du möglich ist, dann ist auch die Wiederkunft Gottes und der Anbruch seines Friedensreiches möglich. Wenn so etwas Realität ist wie du ausgeklügelter, lernfähiger, einfühlsamer als jede vom Menschen je erdenkbare Technologie, dann ist es auch denkbar, dass Gott diese Welt erretten wird.

„Alle Dinge sind möglich dem der da glaubt“ dies ist Dein Taufwort liebe Johanna. Wir glauben daran, dass wir keine Angst vor dem Leben haben müssen, denn das Wunder, das jeder von uns ist, verspricht die Möglichkeit, dass Gott auch vermag in dieser Welt das Heil anbrechen zu lassen. Als die Jüngerinnen und Jünger Jesu den Karfreitag erlebten, war es für sie, als ginge die Welt unter. Erst der Ostermorgen offenbarte, dass Gott eingreift und Leben weckt. Johanna, der 1.April war der Ostertag. Denke immer daran, wenn du mal dir die Knie aufschlägst oder dich jemand aufs Kreuz legt oder du Blut und Wasser schwitzt: du bist ein Osterkind; ein Kind dazu bestimmt, aufzustehen.

Liebe Gemeinde,

schon Jesaja war vor 2700 Jahren davon überzeugt, dass die, die in Erwartung leben, die die Sehnsucht wachhalten, nach dem Anbruch des Reiches Gottes, die sich auf sein Ankommen vorbereiten, bereits die Erlösten sind. Das ist Advent: auf die Wiederankunft Gottes zu warten. Du Johanna bist der Beweis, dass dieses warten kein Quatsch ist. Bis der Allbeweger kommt lasst uns die müden Hände stärken und die wankenden Knie festigen. Seid getrost, fürchtet euch nicht.

AMEN

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